Märchen, Sagen und Legenden - Simyala, die leuchtende Stadt

Viele Sagen wurden um Simyala gewoben. Es heißt sie sei die erste Stadt der Hochelfen gewesen und sei zu Ehren Simias, der der erste Hochkönig der Elfen gewesen sei und dessen Name soviel bedeutet wie "Der aus dem Licht trat", erbaut worden. Sie soll tief im Herzen des Reichsforstes gelegen haben. Doch dies ist schon viele tausend Jahre her.
Unter den Menschen im Reichsforst wird gerne diese Geschichte erzählt:

Es war zu jener Zeit als die kleine Ne'ala gerade alt genug war, ihre erste wichtige Aufgabe zu erhalten. Sie war damals ein zwölfjähriges Mädchen vom Volk der Hochelfen.
Eines Abends schaute Ne'ala zusammen mit ihrem Urgroßvater zum Sternenhimmel hinauf und sie bemerkte, daß Leyimba, der Stern der Zukunft nicht mehr an seinem Platz war, statt dessen jedoch ein ganzer Meteoritenschwarm am fernen Horizont auf Dere niederprasselte. Beide fragten sich, ob Leyimba zerstört sei und dies seine Überreste waren?
Da Ne'ala es als erstes gesehen hatte, so stand auch fest, daß es auch ihre Aufgabe sein würde, dies herauszufinden. Natürlich war sie in den Augen der Hochelfen noch weit von ihrer erwachsenen Reife entfernt, so daß keiner von ihr erwartete, dies allein zu tun.
Ihr war klar, daß sie das Rätzel nicht von hier aus lösen könne und daß sie den Ort finden müsse, an dem die Sternenteile hinabgefallen waren. Drei erfahrene Elfen wurden sodann noch in der selben Nacht zu ihrer Begleitung ausgewählt: Meandes der Wachsame, Riba'a die Weise und Semion der Geschickte sollten die Ehre haben.

So machten sie sich zu viert auf die lange Suche, nach einem unbekannten Ort, von dem man nur wußte in welcher Himmelsrichtung er lag, aber nicht woran man ihn erkennen könne. Nachdem sie einen Madalauf der Richtung gefolgt waren, begannen sie Elfen und Menschen zu fragen, ob sie die Meteoriten gesehen haben und ob sie ihnen den Ort deren Niedergangs sagen könnten. Anfangs war das kein Problem. Doch je mehr Wochen verstrichen und je weniger Elfen in dem Gebiet siedelten, desto schlechter wurden die Auskünfte: die Menschen schienen nicht genau zu wissen, in welcher Richtung, hatten dies vergessen oder gar nicht erst bemerkt.

Oft bat Ne'ala Riba'a um Rat. Doch sie bekam immer die Antwort: "Verlasse Dich nicht auf die anderen, denn sie können Dir dabei nicht helfen. Horche in Dich. Erinnere Dich an jenen Abend. Fühle, versetze Dich in die Meteoriten und fühle, wo sie hinabfielen."
Anfangs beruhigte Ne'ala diese Antwort und sie setzte sich an einen Baum und konzentrierte sich auf das, was Riba'a ihr geraten hatte. Doch irgendwie wollte ihr das nicht gelingen, sich in die Meteoriten hineinzuversetzen. Nach zwei weiteren Madaläufen begann Riba'as Rat sie nur noch mehr zu beunruhigen und sie dachte, sie würde es nie schaffen und bei ihrer Aufgabe kläglich versagen.

Irgendwann war sie so verzweifelt, daß ihr alles egal schien. Teilnahmslos setzte sie sich auf einen Felsen und wünschte sich sie wär wie der Stein unter ihr. Sie brächte einfach nur da sein und würde fühlen wie Wind, Regen oder Schnee über sie hinwegstrich. Zeit hätte keine Bedeutung mehr; sie vergeht einfach. So kam es, daß sie es zum ersten Mal schaffte sich in einen Stein zu versetzen. Tage verstrichen während sie regungslos auf ihrem Felsen saß und meditierte. Dann endlich kam der Moment, in dem es ihr gelang die Meteoriten zu fühlen. Diesmal jedoch zwang sie ihre Gedanken nicht, den Ort zu finden, wo sie hinab auf Dere schlugen, sondern ließ sie einfach frei treiben, bis sie von selbst dorthin trieben. Da erst löste sie sich aus ihrer Trance und bemerkte, daß sie völlig ausgehungert war. Dankbar nahm sie die von Semion dagebotenen Früchte und aß sie.

Nachdem Ne'ala wieder gestärkt war führte sie ihre Begleiter weiter. Ab und an, wenn sie sich unsicher war, setze sie sich wieder auf einen Felsen und meditierte. Danach war sie sich jedesmal wieder der Richtung sicher. Ihr Weg führte in unwegsame Bergregionen fernab jeder Menschlichen oder elfischen Siedlung.

So kam es dann eines Tages, daß Ne'ala stehen blieb und meinte: "Hier ist der Ort". Die vier Gefährten schauten sich um. Meandes war der erste, dem ein merkwürdig schimmernder kleiner Stein auffiel. Er hob ihn auf und wollte ihn zu den anderen tragen, um ihn ihnen zu zeigen. Doch auf halbem Weg begann der Stein zu leuchten. Erstaunt blieb Meandes stehen. Da wurde ihm ein zweiter kleiner Stein gewahr, der ebenso leuchtete. Als er den ersten Stein an den zweiten hielt wurde aus dem leichten Leuchten ein helles Strahlen, daß auch Ne'ala, Semion und Riba'a sofort bemerkten und heraneilen ließ. Ja, dies war, wonach sie so lange gesucht hatten.
Mit den ersten gefundenen Steinen war es nun ein leichtes durch das Leuchten viele weitere unterschiedlichster Größe zu finden. Sie folgten der Spur der Meteoriten, bis sie zu einer Schneise gelangten, die in der Nacht hell erleuchtet war. Ein ganzes Feld voll Sternenstaub, in dessen Mitte ein mannshoher Brocken hell erstrahlte.

Die vier umkreisten den großen Stein, setzen sich um ihn herum und faßten sich an die Hände, denn sie wußten noch immer nicht, ob es sich um die Bruchstücke Leyimbas oder eines ungewöhnlichen Meteoriten handelte und wollten dies gemeinsam erforschen. Sie versetzten ihr Bewußtsein tief und lange in den Brocken hinein. Sie fühlten wie er einst als Stern erstrahlte, bis er dann in einer gewaltigen Explosion auseinanderbarst und abgetrennt von seinem restlichen Sein den langen Weg nach Dere durch dunkles Nichts zurücklegte, um schließlich halb verglühend hier einzuschlagen.

Als sie sich aus ihrer Trance lösten, waren sie zufrieden mit den Antworten, die sie bekommen hatten. Sie füllten alle Beutel, die sie genau zu jenem Zweck mitgenommen hatte, mit dem Sternenstaub und den kleineren Steinen. Sie wünschten dem großen Brocken eine angenehmes Dasein hier auf Dere und begaben sich auf ihren lang ersehnten Rückweg.

Nach einem Praios- und vielen Madaläufen kehrten Ne'ala und ihre Begleiter heim. Viele versammelten sich um die vier freudig zu begrüßen. Stolz zeigte Ne'ala den Weisen des Ortes, was sie gefunden und mitgebracht haben und berichtete, daß sie nach eingehendem Studium des Materials und nach Beratung mit Riba'a zu dem Schluß kam, daß es sich tatsächlich um Bruchstücke eines Sternes handele. Höchstwahrscheinlich Leyimba, da dieser verschwunden und nicht wieder aufgetaucht war... doch genau konnte man dies nicht sagen.

Ne'ala erfuhr, daß viel, während ihrer Abwesenhait geschehen ist. Simia wurde zu ersten Hochkönig ernannt und ihm zu Ehren, so hatte man entschieden, solle eine Stadt erbaut werden, die seinem Glanz gerecht werden sollte.
Was sollte passender sein, als daß man das Licht Leyimbas, dessen Name "in die Zukunft weisend" bedeutete, für die Erbauung der neuen Stadt verwenden würde, schlug Ne'ala vor. Alle stimmten ihr zu und so war es beschlossen. Ne'ala wurde die Ehre zuteil, der zukünftigen Stadt einen Namen zu geben. "Simyala", sagte sie, was bedeutet "Licht im Wald". Die Weisen nickten ihr zu und meinten, dies sei eine kluge Wahl und Ne'ala wurde fortan die Scharfsinnige genannt.

Bald begann der Bau der Stadt. Viele Hochelfen erschufen sie in langer Meditation und mit Hilfe vieler Elementarer. Sie strahlte am Tage und in der Nacht und doch war sie verborgen im Wald und schon zu ihrer Blütezeit ein Mythos bei den Menschen, die von ihr hörten, aber sie nicht finden konnten.
Doch die Zukunft der Stadt lag wohl doch nicht unter einem günstigen Stern, denn vor mehr als vier tausend Jahre, wurde die leuchtende Stadt durch die Untertanen des Namenlosen zerstört. Aber die Mythen um Simyala leben weiter. Noch heute tauchen immer wieder Berichte über Abenteurer auf, die in der Stadt gewesen seien wollen oder daß Artefakte aus Simyala gefunden worden seien.

Copyright by Katja Guth



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