Aus Zeit und Geldmangel hast Du und Dein Begleiter den Weg nach Lowangen,
der durchs das Nebelmoor führt, gewählt. Euch wurde gesagt, daß dies zwar
der kürzeste Weg von Trallop in Richtung Gashok, Lowangen oder in andere
Städte des Svelltschen Städtebundes sei, doch daß man das Nebelmoor lieber
meiden und den Umweg über Donnerbach anzuraten sei. Aber da ihr
nicht sehr abergläubisch seid und nicht vorhabt, den Pfad zu verlassen, seid
ihr guter Dinge, daß außer ein paar Strauchdieben oder Orks, die sich dort
eventuell verschanzt haben, euch nichts davon abhalten wird, das Nebelmoor
zu durchqueren.
Gemach reitet ihr den trockenen, breiten Pfad entlang. Nach und
nach scheinen die Wiesen, die an den Weg grenzen feuchter und sumpfiger
zu werden. Nebel kriecht über das Gras. Doch der Pfad ist weiterhin gut zu
erkennen.
Am nächsten Morgen zieht ihr weiter. Der Weg wird schmaler und das Licht immer pfahler. Unmöglich ist es die Himmelsrichtung anhand der Praiosscheibe auszumachen und der Pfad hat schon zu viele Windungen gemacht, als daß auf die eigene Orientierung noch verlaß sein würde. Eine bedrückende, ja unheimliche Stille liegt über dem Moor. Schweigend reitet ihr nebeneinander her. Nur kurz macht ihr eine Pause um zu essen. Mit unwohlem Gefühl setzt ihr euren Weg fort. Im schummrigen Licht der Abenddämmerung huscht ein schwarzer Schatten über euch hinweg. Fast ohne zu denken, schlägst Du Praios Zeichen vor Dir, auf daß er Dich vor den dunklen Mächten schützen möge. Kein trockenes Holz konntet ihr finden, um ein wärmendes Feuer zu machen und so begibst du dich nach einem kargen Nachtmahl zur Ruhe. Anstelle von Deinem Gefährten zu Deiner Nachtwache aufgeweckt zu werden, wirst Du von seltsam schönen Stimmen geweckt. War das nicht eben Dein Name, den sie nannten? Ja, sie rufen nach Dir. Ist dort hinten nicht ein Licht? Plötzlich versinkt Dein linkes Bein bis zum Knie im Schlamm. Erschrocken stellst Du fest, daß Du bereits einige Schritte vom Pfad abgewichen bist. Die Stimmen sind so schön und du wendest Dich wieder ihnen zu. Doch Du kommst nicht weiter. Im Gegenteil: Dein Bein steckt nun fast bis zur Hüfte fest. Panik will in Dir aufsteigen, doch Dein Verstand zwingt Dich zum überlegen. Langsam und vorsichtig windest Du Dich aus dem Morast und tastest Dich im Mondlicht zurück zum Pfad. Dort siehst Du Dich um. Die Pferde, die ihr am abend angepflockt habt, rollen nervös ihre Augen. Dein Freund jedoch ist nicht zu sehen. All sein Gepäck hat er zurückgelassen. Deutlich erkennst Du seine tiefen Spuren im morastigen Boden, die direkt in die Sümpfe führen. Du rufst nach ihm noch einige Male, doch ist Dir sein Schicksal bereits bewußt. Fest entschlossen bleibst Du bis zum Morgengrauen wach und versuchst die Stimmen zu ignorieren, die Dich immer und immer wieder zu sich rufen. Endlich färbt sich der Himmel in ein schwaches Rosa. Noch einmal siehst Du Dir die Deines Freundes an. Vorsichtig versuchst Du ihnen in den Sumpf zu folgen, doch früher oder später gibst Du hoffnungslos auf und kehrst zu den Pferden zurück. Ohne zu zögern sattelst Du auf und reitest mit beiden Pferden so schnell Du es auf dem nassen Weg wagst weiter. Dich kümmert nicht, daß Dein Magen leer ist und Dein Gewandt vom Nebel ganz klamm und kalt ist. Erst als das Licht am Abend verschwindet, legst Du eine Pause ein und nimmst eine Mahlzeit zu Dir. In der Ferne hörst Du den Ruf eines Kauzes. Das ist das erste Tier seit langem, daß Du hörst. Und doch erschallt sein Ruf so verzerrt und doch so dumpf durch den Nebel zu Dir herüber, daß Dir das Mark im Rücken gefriert. Mühsam versuchst Du nicht einzuschlafen und bis zum Morgen zu wachen. Dir gelang es wachzubleiben und so setzt Du Deinen Weg völlig übermüdet fort. Erst spät bemerkst Du, daß der Nebel sich merklich gelichtet hat und der Sumpf grünen Wiesen gewichen ist und gen Firun sich markant die Salamandersteine erheben. Erleichtert steigst Du vom Pferd und dankst Praios, daß Du wieder aus dem Nebelmoor gelangt bist und schaust Dich um. |
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Das Schwarze Auge | Sümpfe |