Nach unzähligen Monden war ich nun auf dem Weg in die Heimat.
Ich begleitete eine Karawane. Um ehrlich zu sein, ich wäre liebend
gerne voraus galoppiert. Je näher wir dem Herzen Weidens kamen, je
mehr bekannte Orte ich wieder sah, desto stärker war dieses
Verlangen. Natürlich blieb ich pflichtgemäß bei der Karawane.
So vieles ist geschehen, so vieles habe ich durchlebt und so
vieles hat sich in meinem Leben geändert. War ich noch dieselbe
Kara, die damals ungestüm aus Trallop auszog, um ihre Dienste
als Kriegerin anzubieten und Abenteuer zu erleben? Wohl kaum.
Nach einigen Tagen nun, erhoben sich in der Ferne
die Mauern von Trallop und der hohe Wachturm der Bärenburg.
Welche Stadt war wehrhafter angelegt
als diese Stadt? Ich freute mich schon darauf durch ihre
massiven Mauern und Tore zu reiten. Ich erlaubte mir, ein kleines
Stück vor der Karawane her zu reiten.
Als ich mich dem Greifentor näherte, erkannte mich schon von weitem
Firre Schustergut, eine Kameradin aus meiner Kindheit. Sie rief mir
entgegen: "Na, wenn das nicht Kara von Weiden ist!". Kaum war ich am
Tor umarmte sie mich stürmisch, zog sich dann aber erschrocken zurück
als sie sich meines Wappenrocks gewahr wurde. Hastig kniete sie vor mir
nieder und bat verlegen:
"Verzeihung, Euer Gnaden!". Solch förmliche Behandlung war ich nicht
mehr gewöhnt und schon gar nicht von der guten Firre. Also bat ich sie
doch wieder aufzustehen und mir zu erzählen, wie es ihr so ergangen ist
in den letzten Jahren. Voller Stolz berichtete sie mir, daß sie nun
Weibelin sei und das Greifentor unter ihrem Kommando sei. Ich gratulierte
ihr dazu. Da es mich aber im Moment doch weiter zog, versprach ich ihr,
bald nochmal vorbei zukommen, um mich ausführlich mit ihr zu
unterhalten.
Ich kam weiter zur Halle der Orkenwehr. Alles war noch, wie ich es in
Erinnerung hatte. Die leuchtend weißen Außenmauern zieren zwei rote
roße Löwinnen und innen stand prächtig die Bronzestatue Rondras.
Bedächtig kniete ich vor ihr nieder und sprach ein Gebet.
Einen der anwesenden
Geweihten stellte ich mich vor und bat darum,
mit dem hiesigen Tempelvorsteherin reden zu dürfen. Er verschwand
für einige Minuten, dann kam er zurück bat mich, ihm zu folgen,
er würde mich zur Vorsteherin bringen. So führte man mich zu ihr.
Es war keine andere als Walpurga von Trallop, meine Cousine, die mir
fast wie eine große Schwester war. Freudig umarmten wir uns.
Sie hatte sich verändert. Sie war ernster geworden und strahlte
Verantwortung aus. Nun schließlich sollte sie wohl in einiger Zeit
das Herzogtum übernehmen.
Sie ließ sofort ein Festbankett für den Abend arrangieren. Dann setzten
wir uns zusammen und sie bat mich darum, ihr alles zu erzählen, was
geschehen ist. Als ich begann war es noch vor der Mittagsstunde.
Doch alsbald schien sich die Praiosscheibe zu senken und nur wenig
später das Bankett zu beginnen. Lange war es her, daß ich solch
gute Kost gegessen und so edle Tropfen getrunken hatte. Mir wurde
bewußt, wie schön es auch sein konnte, daheim zu sein und für
eine Weile die Annehmlichkeiten des Lebens zu genießen.
Am nächsten Morgen machte ich mich hinauf zur Bärenburg.
Überglücklich empfing mich meine Mutter. Sie ließ mir sofort ein
Zimmer herrichten. Ich bin mir auch sicher, daß sie es war, die
dafür sorgte, daß ich nur wenig später einen Diener namens Wetmar
und den Knappen Tannfried zu meinen Diensten hatte. Dabei hatte
ich mich schon bemüht, meine Erzählungen für sie abzumildern, damit
sie sich nicht allzu schockiert sein würde. Doch die Vorstellung, daß
ich eigenhändig mein Pferd gestriegelt und die Mist aus den Hufen
gekratzt hatte, war ihr wohl schon genug. Andererseits ließ sie mich
wissen, daß sie stolz auf mich war und bedauerte, daß mein Vater
mir nicht ähnlicher war.
In den nächsten Tagen traf ich viele alte Freunde. Oft saß ich abends
mit ihnen in den Tavernen und erzählte Geschichten. Sogar der eine
oder andere Barde bat mich, diese Geschichten in seine Lieder
aufzunehmen. Tagsüber jedoch hielt ich mich in der Orkenwehr auf,
um mein Wissen zu vertiefen. Schließlich hatte keinen Novizenunterricht
erhalten und das fachlich war dieser kaum mit dem an der Akademie der
Kriegs- und Lebenskunst zu Vinsalt vergleichbar. Man bot mir an,
einige Geweihte mit nach Rhodenstein, wo der Orden zur Wahrung saß,
zu begleiten. Dort hätte ich sicherlich bessere Vorraussetzungen
für mein Studium.
So hinterließ ich ein Nachricht für meine Freunde, die frühestens in
einigen Wochen in Trallop ankommen würden und begab mich nach Rhodenstein.
Ein guter Madalauf verstrich mit Gebet, Unterricht und vielem Lesen,
da erreichte mich die Nachricht, daß meine Freunde angekommen sein.
Ich begrüßte sie und lud sie in ein ordentliches Gasthaus ein.
Nun erfuhr ich auch endlich den Namen, des jungen Mannes, den wir
vor denOrks gerettet hatten. Garaewyr war sein Name.
Natürlich sollten sie den weiten Weg nicht nur wegen dieses einen
gemeinsamen Abends gemacht haben und so bat ich sie doch mit mir
zurück nach Trallop zu kommen, wo ich ihnen alles zeigen wollte.
Natürlich waren sie meine Gäste und brauchten sich über Kost und
Logie keine Gedanken zu machen. So geschah es dann auch.
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