Kara von Weiden (Rondrageweihte) - Karas Weihung und das Gottesurteil

Nachdem der Rondrageweihte gegangen war, keimte etwas Hoffnung in mir auf. Vielleicht würden sich die Götter als gnädig erweisen und ich doch noch von der Schuld freigesprochen werden. So verbrachte ich die nächsten Stunden in inbrünstigem Gebet. Ich gelobte, daß wenn ich das hier irgendwie überleben würde, mein Leben in den Dienst Rondras stellen wolle, so ich denn von der Bruderschaft des Schwertes aufgenommen werden würde.

Durch ein kleines Fenster konnte ich beobachten, wie mehrere Galgen errichtet wurden. Gegen morgen weckten mich Schritte aus meinem unruhigen Schlaf. Es kamen Wächter. Wen werden sie holen und hängen? Sie kamen in meine Richtung. Vielleicht ist es nun Zeit für mich zu sterben. Die Wächter schauten zwar kurz zu mir herüber, doch sie gingen vorbei, schlossen die Nachbarzelle auf und brachten einen der anderen Insassen fort. Wenig später sah ich, wie er gehängt wurde.

Die Praiosscheibe stand recht hoch am Zenit, als meine Zelle aufgeschlossen wurde. Man brachte mich in eine andere Zelle, die nach einer Verhörzelle aussah und kettete mich dort an. Keine geringere als Arabel von Arivor, die Meisterin des Bundes der Senne Westmark trat ein. Wäre es mir nicht durch die Ketten verwehrt gewesen, hätte ich vor ihr niedergekniet. So konnte ich jedoch nur mein Kopf neigen.
Sie ließ sich von mir meine Geschichte erneut erzählen. Sie fragte nach dem Buch, daß ich von dem Grafen von Smulinvest (siehe) bekommen hatte. Ich sagte ihr, daß es sich in meinem Rucksack befand, der mir in Winhall abgenomen wurde. Die Meisterin des Bundes jedoch schüttelte den Kopf und meinte, daß sie meine Sachen angefordert hätten und dort kein Buch bei gewesen sei. Desweiteren teilte sie mir mit, daß sie sich für ein Gottesurteil eingesetzt hatte, es mir aber von den Stadthaltern verweigert wurde.
Meine Hoffnungen waren dahin. Mir blieb nur noch eine Schmach zu verhindern... ich fragte Arabel von Arivor, ob sie sich dafür einsetzen könne, daß ich nicht am Galgen baumeln müsse, sondern auf dem Schaffot hingerichtet werden würde. Sie versprach mir gerade, dies zu versuchen, als von draußen eine aufgebrachte Frauenstimme die Wachen beschimpfte, daß sie ausdrücklich befohlen hätte, keine Person zu mir vorzulassen. Die Tür ging auf und mit einem hochrotem Kopf trat eine offenbar höhergestellte Frau in den Raum, die sich wütend der Meisterin des Bundes zuwandte und ihr entgegenschleuderte, daß sie hier nichts zu suchen hätte. Dies sei ein weltliches Problem, für daß die Rondrakirche nicht zuständig sei. Arabel von Arivor verließ daraufhin die Zelle. Die Frau sah mich von oben herab an und verschwandt dann ebenfalls.

Es wurde dunkel und das Madamal erhob sich am Himmel, da hörte ich Alanons Stimme am Kerkerfenster, das direkt auf Bodenhöhe lag. Er fragte, ob ich Kara sei. Als ich bejahte und er meine Stimme erkannte, sagte er, sie würden mich da schon irgendwie rausholen. Ich entgegnete ihm, daß sie nichts Unbedachtes tun und es besser erst gar nicht versuchen sollten. Dann meinte er, er müsse gehen und war fort.

Ich fiel in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich von den Schritten der Wachen gerissen wurde. Bei ihnen waren zwei Rondrageweihte, was mich verwunderte, da selbst die höchste Rondrageweihte dieser Senne, nicht zu mir durfte. Meine Zelle wurde geöffnet und mir die Ketten abgenommen. Einer der Geweihten bat mich, sie zu begleiten, was ich natürlich tat. Sie führten mich aus dem Kerker hinaus und durch die nächtlichen Straßen von Havena. So wurde ich nur in Begleitung der beiden Rondrageweihten zum Rondratempel gebracht. Sicherlich hätte so manch einer in dieser Situation eine Flucht versucht... und sich so endgültig den Zorn Rondras zugezogen. Doch in den letzten Tagen hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und eine Flucht wäre mir jetzt derart verachtungswert gewesen, daß ich damit selber hätte nicht leben wollen.
Im Rondratempel empfing mich Arabel von Arivor. Sie klärte mich auf, daß es nur einen Weg für mich gäbe, um doch noch ein Gottesurteil zu erwirken... ich müsse meinem bisherigen Leben entsagen und es fortan der Leuin weihen. Mein Entschluß dazu war bereits gefallen und ich teilte ihr mit, daß ich dazu bereit war.

Den Vorgang der Weihe selbst werde ich hier natürlich nicht schildern, das Wissen darum ist nur den Geweihten vorbehalten und ehedem ein Erlebnis, das man nicht in Worten fassen kann. Ich kann Euch jedoch versichern, daß dieser Moment mich nicht nur geprägt, sondern auch tiefhaltig verändert hat. Die Weihe ist das höchste Ereignis in meinem Leben und wird es wohl auch bleiben, denn was sollte die Präsenz Deiner Göttin in Deiner Seele zu spüren je Nahe kommen.

Nachdem mir etwas Ruhe vergönnt wurde, wurde ich zurück zum Kerker begleitet. In meiner Zelle angekommen, wurde ich diesmal nicht angekettet, denn selbst den Wachen war unwohl dabei, einer Geweihten in Rondras Wappenrock Ketten anzulegen.

Nach einer Weile hörte ich Allanon wieder am Fenster. Ich bat ihn zu gehen und nicht zu versuchen mich zu befreien, da ich nicht mitkommen würde. Er schien nicht ganz meinen Worten zu glauben oder anzuzweifeln, daß ich dies ernst meinte oder nicht meinen Verstand verloren hätte. Darum teilte ich ihm mit, daß ich nun Rondrageweihte sei und mir eine Flucht undenkbar sei. Doch Alanon, der ja selbst nicht sehr Gottesfürchtig ist, wollte das nicht wahr haben. Ich befürchtete, daß er mich mit einem seiner Zauber doch dazu bringen könnte mitzugehen und warnte ihn, daß ich ihm so etwas nicht verzeihen könnte. Verunsichert entschied er sich zu einem Kompromiß: Durch seine magischen Kräfte bog er die Eisenstangen, die das Kerkerfenster versperrten, soweit auseinander, daß ich hindurchgepaßt hätte. Wenn ich mich doch noch anders entscheiden wolle, so meinte er zu mir, könne ich so lange es dunkel sei noch fliehen oder aber der Versuchung widerstehen und damit meine Loyalität zu meiner Göttin beweisen. Dann ging er.
Ich wußte nicht, ob ich den nächsten Tag überleben würde, doch ich hatte meinen Frieden gefunden und so wartete ich auf den Morgen.

Die Sonne erhob sich gerade, als ich hinausgeleitet wurde. Der ganze Platz war dicht gefüllt. Alle waren gekommen, um meine Hinrichtung zu sehen. Ich achtete nicht auf den Spott und die faulen Tomaten, mit denen ich beworfen wurde. Aufrecht und Würde wahrend versuchte ich, wie es einer Geweihten wohl geziemt, erstieg ich die Stufen zum Schaffot.
Zu meiner Überraschung entdeckte ich die Isora von Elenvina auf der Tribühne. Sie wollte sich wohl vergewissern, mich aus dem Weg zu haben. Doch als sie mich erblickte oder besser gesagt, als sie sich meines Wappenrocks gewahr wurde, sah sie erst mich und dann Arabel von Arivor wutentbrannt an. Diese schritt nun auf sie zu und forderte ein Gottesurteil, denn schließlich sei dies nun durchaus eine Angelegenheit der Kirche. Die Fürstin wurde blaß. Als sie sich fing, bestimmte sie die Meisterin des Bundes zu meiner Gegnerin!

Es waren erst einige Stunden her, daß ich im Rondratempel gegen Arabel von Arivor angetreten bin. Sie hatte mich in einem fairen Kampf klar besiegt, wovon meine noch nicht verheilten Wunden zeugten. Nun, dies sollte schließlich ein Gottesurteil sein und so war es angebracht, daß ich einen weit überlegenen Gegner bekam.
Uns wurde Platz gemacht und mir mein Rondrakamm gereicht. Dann begann der Kampf. Sie besaß zwar nur einen Arm, doch durfte ich sie deswegen keineswegs unterschätzen. Ich versuchte nicht zu wagemutig zu sein. Zu meinem eigenen Erstaunen konnte ich immer wieder gute Treffer landen. Schließlich hätte mein nächster Schlag ihren Hals durchtrennen können, doch ich käpfte gegen den Schwung des schweren Rondrakamms an. Meine Waffe kam an ihrem Hals zur Ruhe und sie ließ ihr Schwert fallen, als Anerkennung meines Sieges. Bald war aus der Menge ein jubelndes "Die Götter haben entschieden" zu hören. Isora von Elenvina blieb nichts anderes über, als mich von meiner Schuld frei zu sprechen.
Meine Freiheit wiedererlangt, wurde ich zusammen mit Arabel von Arivor von einigen anderen Rondrageweihten zum Tempel geleitet. Dort brachte man mich in einen Raum, wo man sich um meine Wunden kümmerte und ich ruhen sollte.

Kara, Rondrageweihte



In Gefangenschaft Das Schwarze Auge Auf dem Weg ins Orkland