Der Lebensraum der Feen

  Der Ursprung der Feen liegt im Dunkel der Vergangenheit. Man nimmt an, daß ihre  Vorfahren die gleichen sind wie die der  Elfen, die  Lichtelfen. Diese überaus mächtigen Wesen leben seit Anbeginn der Zeit in  Aventurien und ihre Macht ist nur vergleichbar mit der der alten  Drachen. Ein normaler Sterblicher wird nur unter ganz besonders widrigen Umständen je ein solches Wesen zu Gesicht bekommen. Es ist eine bislang unbewiesene Vermutung, daß diese Lichtelfen in einer eigenen  Sphäre höherer Ordnung leben.

Häufiger sind die  Wald- und Wiesenfeen, die man mit außerordentlich viel Glück in vielen Regionen  Aventuriens antreffen kann. Viele Völker leben in den entlegenen  Wäldern, wo sie nicht gestört werden. Dort unterhalten manche Völker enge Beziehungen zu den  Waldelfen, die in ihrer Art zwar sehr verschieden sind, aber in ihrem Unterschied auch wieder Gemeinsamkeiten entdeckt haben. Der Genuß des Lebens ist der gemeinsame Nenner. Hier haben an sich vom Wesen her völlig fremden Geschöpfe haben hier eine gemeinsame Basis gefunden. Die einen sind eher in sich gekehrt und stets Herr der Lage, die anderen offenherzig und humorvoll. Aber beide versuchen, in Harmonie mit der Natur zu leben. Viele Elfen berichteten von Feen als niedliche Wesen voll offener Freude und impulsivem Leben - nicht gerade Eigenschaften, für die Elfen bekannt sind. So gleichen sich die Unterschiede aus, ergänzen sich geradezu in idealer Weise!

Jene in den  Wäldern lebenden Feen haben ihren Platz erkämpft und gefestigt gegen die zahlreichen  Feinde, die die Natur für sie birgt. Betrachtet man das Erscheinungsbild der Feen, so erscheint es nicht weiter verwunderlich, wenn größere Raubvögel eine bedrohliche Gefahr im Leben einer Fee darstellen. Auch andere Raubtiere, die fähig sind, Bäume zu erklimmen, sind eine potentielle Gefahr für die Feen. Längst haben die Feen gelernt, daß das Leben auf den Bäumen bereits viele Raubtiere wie Ratten ausschaltet. Doch  Katzen oder ähnliche Jäger sind stets eine Bedrohung.

Auch hat man schon Völker in tiefen  Sümpfen gesehen, wo sie durch die

örtlichen Begebenheiten von allen anderen intelligenten Lebewesen abgeschottet sind. Dort nutzen sie die spärliche Vegetation zur Ernährung. In einigen seltenen Fällen berichtete man auch von eigenen Gärten zum Lebensmittelanbau, die die Feen in den Sümpfen anlegten. Beachtet man diesen Lebensraum, drängt sich der Schluß auf, daß Feen durch ihr natürliches Leuchten, oder gar das Leuchten der Sternenschweifform fälschlicherweise für  Irrlichter gehalten werden können. Da besonders bei jungen Feen Neugier und  Scheu sich in starkem Wechsel befinden, ist es durchaus denkbar, daß eine Fee, die sich möglicherweise in diesen Momenten nicht ihres Leuchtens bewußt ist, einen verlorenen  Abenteurer, der sich im Sumpf verirrt hat, immer weiter in das Moor lockt. Stets auf vorsichtige Entfernung bedacht und doch auf Sichtweite erscheint es dem Wanderer wie ein Wegweiser, die Fee jedoch zieht sich immer weiter in den Sumpf zurück, wenn der Verirrte näher kommt. Es wird wohl nie geklärt werden, wie viele Wanderer auf diese tragische Weise ums Leben gekommen sind.

Warum nun geschieht es so selten, daß Reisende unserer Welt mit den Feen in Kontakt treten? Das seltene Vorkommen an entlegenen Gebieten allein kann nicht der Grund dafür sein! Es gibt viele

Antworten auf diese Frage, die Ursache ist meist der aktive Schutz der Feen vor Wesen unserer Welt. Diese Scheu liegt wohl in frühen Kontakten zwischen den Völkern begründet. Man wird sich die Probleme vorstellen können, wenn Menschen oder Zwerge mit diesen selbstlosen Geschöpfen zusammentreffen. Ist die Ehrfurcht vor der übernatürlichen Erscheinung der Feen erst einmal verblaßt, macht der Respekt schnell dem Spott und der Mißachtung Platz. Welcher rauflustige Geselle kann schon ein solch kleines und zartes Wesen ernst nehmen, noch dazu, wo es sich geradezu possierlich gebärt, wenn man es beschwipst macht? Zu verschieden sind die Lebenseinstellungen der verschiedenen Rassen, als daß eine friedliche Koexistenz von Dauer sein könnte. Man vergleiche nur das Zusammenleben von Menschen und  Elfen: die Menschen, ständig darauf bedacht, neues Land urbar zu machen, drängen die friedvollen und politisch unorganisierten und uninteressierten Elben seit Jahrhunderten immer weiter zurück. Augenscheinlich haben die Feen dies schon frühzeitig erkannt und beschlossen, sich dagegen zu wehren. Die soziale Struktur einer Feensiedlung ist auch eher für wirkungsvolle Gegenmaßnahmen geeignet: hier sind die Befehlsgewalten klar strukturiert, was eine flexible Reaktion auf äußere Veränderungen ermöglicht, während Elben durch ihre anarchistischen Strukturen politisch eher träge reagieren.

Wirkungsvollen Schutz gegen unerwünschte Besucher bieten mächtige Flächenzauber. So sind es oftmals  Illusionszauber, die dem Wanderer

unüberwindbare Hindernisse suggerieren, ihn einen um das zu schützende Gebiet herumführenden Weg leichter als einen direkt hinein führenden Weg erscheinen lassen. Auf diese Weise wird ein unbedarfter Besucher niemals in eine Feensiedlung gelangen. Gegen eine systematische Suche ist diese Methode jedoch nur begrenzt einsatzfähig. Zwar ist es die Verschiedenheit der Magie selbst, die auch Schutz vor magisch begabten Wesen bietet - die ja sonst ohne größere Schwierigkeiten diese Illusionen entdecken könnten - doch ein Mensch ist nicht unbegrenzt zu täuschen.

Wesentlich mächtiger sind hingegen Barrieren mittels  Beherrschungszaubern, die es dem Wanderer unmöglich machen, sich der Siedlung zu nähern. Sich auf geradem Wege wähnend, wird er am Ziel vorbeigelenkt. Die Auswirkungen sind ähnlich den Illusionszaubern, und tatsächlich sind beide Schutzmechanismen oftmals miteinander kombiniert. Bestimmte Orte, an denen diese Zauber nicht oder nur teilweise wirksam sind, sind im allgemeinen als  Dimensionstore bekannt. Hier kann es dem Suchenden gelingen, in das Reich der Feen zu schlüpfen - auch wenn diese Tore nicht unbedingt ständig aktiv sein müssen!

Der erfahrene Magietheoretiker wird hier die Parallelen zu dem Wesen einer  Nebenwelt bemerken. Die Grenzen zwischen einer

Nebenwelt und der Abschottung durch Zauber ist fließend und allenfalls durch einen Experten zu bestimmen. Der weise Gebrauch kann durchaus die gleichen Auswirkungen haben, wie sie bei einer Nebenwelt auftreten können. Das größte Rätsel stellten die bemerkten  Zeitverschiebungen dar, von denen Reisende berichteten, die in der Welt der Feen waren. So kam es bereits vor, daß ein Wanderer Jahre nach seinem Verschwinden wieder auftauchte, obwohl für ihn nur wenige Tage vergangen waren, in denen er im Reich der Feen war. Auch das Gegenteil konnte beobachtet werden: über Nacht alterten Menschen um mehrere Jahrzehnte, konnten plötzlich die verschiedensten Sprachen und hatten die innere Ruhe und Weisheit in sich, die auf ein glückliches Leben schließen ließen. Noch mysteriöser sind Fälle, in denen einem Menschen die besagte Weisheit des Alters scheinbar über Nacht in den Schoß fällt, sein Äußeres jedoch auf keinen Aufenthalt in einer Nebenwelt schließen läßt. Lediglich seine Taten und Lebenseinstellung vermitteln einem die Erfahrung eines alten Menschen.

Eine Erklärung ist möglich, seit  die sieben Formeln der Zeit wiederentdeckt wurden. Offenbar sind viele Feenvölker im Besitz

dieser Formeln und haben aktive Kenntnisse darüber, sodaß sie die  Zeit nach ihrem Gutdünken formen können und Inseln im Strom der Zeit schaffen können. Sucht man unter diesem Gesichtspunkt noch einmal den Vergleich mit den  Elfen, so müssen diese magietheoretisch recht armselig wirken - ist ihre Magie doch nicht annähernd so mächtig wie die einiger Feen. Setzt man eine Kenntnis der Satinav-Beschwörungen voraus, lassen sich vielerlei Beobachtungen deuten: während einige Untersuchungen, die sich mit Feen beschäftigen, auf eine insbesondere bei den  Blütenfeen verhältnismäßig kurze  Lebensspanne hindeuten, gibt es Berichte über Feenwesen, die über mehrere Jahrhunderte immer wieder aufzutauchen scheinen. Hier wirken vielleicht Unsterblichkeitszauber oder Zeitmanipulationen in ihrer Vollendung.

Doch auch wenn diese beobachteten  Zeitverschiebungen recht häufig in Berichten zu finden sind, kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein jedes Mitglied eines solchen Volkes die Kenntnis der dafür nötigen Zauber hat, denn es ist meist der  Älteste der Siedlung, dessen Macht allein zum Schutze seines Volkes dient und ungeahnte Dimensionen annehmen kann. Wenn seine Zeit gekommen ist, wird er sich einen Nachfolger suchen und ihn in die letzten Geheimnisse der Magie einweihen.

Ist die Abschottung noch tiefgreifender, spricht der Gelehrte von einer  Nebenwelt oder von einem Globulus - eine Art Blase im Spärengefüge. Hierher gelangt nur der Sphärenreisende, oder der normale Sterbliche durch echte  Dimensionstore. Die eindeutige Klassifizierung, ob eine Nebenwelt vorliegt, fällt außerordentlich schwer. Die (Neben-)Welten der Feen können der unseren ähneln, möglicherweise bis auf wenige Details identisch sein, oder auch grundauf verschieden sein. Man berichtete von Landstrichen, die wie die Umgebung aussahen, wo nur Siedlungen und Menschen fehlten. Andere hingegen wiesen dunkle Regionen auf, die lieber kein Sterblicher sehen sollte. Dies weist auf eine relative Nähe zur siebenten Sphäre hin! Es ist deshalb möglicherweise besser, daß diese Regionen nie erforscht werden.

Waldfee, copyright KatjaGuth


Rene Tschirley
2/13/1998


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