Die Lebensweise

  Im Bestreben, in Einklang mit der Natur zu leben, wird eine Fee

recht selten ein anderes Tier töten, doch wurde auch schon berichtet, daß Feenvölker regelrecht Jagd auf spezielle Spezies gemacht haben, wenn diese Überhand zu gewinnen drohten. So berichtete ein Elf einmal, er habe ein Volk in seiner Heimat dabei beobachten können, wie sie einen größeren  Krieg vorbereiteten. Pfeile und Speere wurden vorbereitet,  Panzer und Schilde wurden hergestellt, und von dem Stamm der  Elfen besorgte man sich speziell angefertigte Schwerter, die von Feenhand getragen werden konnten.

Die  Hauptwaffe der Feen ist aber weniger Schwert oder Lanze,

sondern die Magie. Als Manifestation der arkanen Kräfte selbst, machen sich die Feen wie völlig selbstverständlich die Ströme der  astralen Energie zunutze. Die Veranlagung zur Manipulation der  Astralenergie scheint den Feen angeboren. In  Schulen lernen sie, die Kräfte richtig zu koordinieren und ihre Fähigkeiten zu trainieren. Bereits eine junge Fee beherrscht ein ganzes Arsenal von Zaubern, für die ein Mensch viele Jahre studieren muß. Das Ziel der meisten der  Zauber, die man bei Feen beobachtet hat, ist die Verteidigung. Man schützt sich durch  Illusionen, dringt in die Gedanken des  Feindes ein oder läßt sich einfach Verschwinden. Die Anwendung von destruktiven Zaubern ist nicht unüblich, doch scheinbar weniger weit verbreitet. Längst nicht jede Fee ist der  Kampfzauberei mächtig. Die Aufgaben in der Gesellschaft der Feen sind fein verteilt und so hat jede Fee einen ihr bestimmten Platz unter ihresgleichen.

Überhaupt ist das Leben der Feen auf die Gegenwart konzentriert. Der

 Tod kommt für eine Fee meist in Form eines Raubtieres und dann erscheint er stets sehr schnell. Eine Fee, die verletzt wird, stirbt meist sehr schnell an den Folgen. Dies liegt zum einen daran, daß Verletzungen, die uns Menschen als klein erscheinen, für eine Fee in Anbetracht ihrer Körpergröße recht beträchtlich sein können.

Möglicherweise ist dies ein Grund für das lustige Wesen der Feen. Scherze treibend und das Leben in vollen Zügen genießend sind sie viel eher anzutreffen als in Sorge. Sie sind sich der Zukunft wohl bewußt und planen auch auf Jahre im voraus, doch das eigentliche Leben spielt sich im heute ab. Es soll Spaß machen, denn das Leben ist so oft so grausam und vielfach so plötzlich zu Ende. Die erwartete Lebenszeit ist sehr variabel. Viele der bekannten Feenrassen haben

eine  Lebenszeit von etwa 40 Jahren. Einige wenige scheinen über dieses Maß weit hinaus gehende Lebenserwartungen zu haben, doch dies ist ein noch nicht einmal in Ansätzen untersuchtes Phänomen (siehe auch Abschnitt [*], Randnotiz über die Beherrschung der Zeit). Verständlich, da die Feen ja lieber unter sich bleiben und auch sonst recht wenig über sich selbst verlauten lassen, insbesondere den Tod als Gesprächsthema meiden.

Feen leben vegetarisch. Das liegt weniger daran, daß sie nichts

jagbares in ihrer Größe finden, denn die Wälder sind voll von kleinen Tieren wie Mäusen, Eichhörnchen oder ähnlichem Getier. Vielmehr sind Feen wahre Leckermäuler. Hauptbestandteile der  Nahrung sind süße Beeren. Darüber hinaus verzehrt man junge Triebe von einigen schmackhaften Pflanzen, einige Wurzeln, Gräser oder Blütennektar. Will man eine Fee verwöhnen, tischt man am besten Honig auf, denn den können Feen aufgrund der Wehrhaftigkeit der  Bienen nur sehr selten ergattern. Man erzählt, daß es bei jungen Feen eine übliche  Mutprobe ist, im Alleingang unter Ausnutzung aller Fähigkeiten Honig aus einem Bienenstock zu stibitzen. Dies ist durchaus kein einfaches Unterfangen, beachtet man die Größenverhältnisse von Biene und Fee: eine Biene wäre auf menschliche Verhältnisse übertragen etwa einen Spann lang. Der Stich einer Biene muß nicht unbedingt lebensbedrohlich sein, da sich Feen recht gut auf die Anwendung von Giften und Gegengiften verstehen, doch ist er immerhin außerordentlich schmerzhaft.

Dem  Alkohol scheinen Feen ebenfalls durchaus zugeneigt. Da es auch in der freien Natur vorkommt, daß überreife Früchte zu gären beginnen,

kann man davon ausgehen, daß jede Fee einmal in ihrem Leben davon probiert hat. Die berauschende Wirkung passt zu der lebensfrohen Einstellung der Feen, wobei exzessiver Genuß eher selten anzutreffen ist. Wie beim Menschen der Alkohol die Sinne trübt und die Motorik beeinträchtigt, so wirkt er sich auch auf den Körper und Geist der Fee aus. Daß dieser Zustand gewollt herbei geführt wird, kommt allerdings recht selten vor. Zu gefährlich ist es, die Umgebung nicht mehr wahrzunehmen oder die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß sich eine Fee fast nie über das Stadium des leichten Schwipses hinaus betrinkt - auch nicht auf den erwähnten Festen. Hier erfordern die historischen Riten eine volle Kontrolle über den Körper und der Rausch des Alkohols würde nur stören. Die Mengen, die eine Fee also zu sich nimmt, dürften verschwindend gering sind, denn schließlich ist der Körper der Fee ja auch extrem klein. Man stelle sich einen Fingerhut in den Händen einer Fee vor - er würde für sie so groß wie ein ausgewachsener Bierhumpen sein!

Da die Feen ausgesprochen nahrhaft essen, wird für die  Nahrungssuche auch nicht allzuviel der verfügbaren Zeit am Tag verbracht. Zwar kann eine Fee nicht sehr viel  Nahrung speichern, doch ist es ohne Probleme möglich, ein bis zwei Tage gänzlich ohne Essen auszukommen.

Die verbleibende Zeit verbringen die Feen oftmals mit ihrer handwerklichen Kunst oder purem Zeitvertreib. In Feenvölkern gibt es gut organisierte  Schulen, in denen die jungen Nachkommen über das Leben und den Lebensraum lernen, was das Volk über Generationen in Erfahrung bringen konnte. Auch ältere Feen üben sich in ihren Fertigkeiten. So konnte man in wenigen Fällen  Wettkämpfe im  Bogenschießen oder Lenken der arkanen Kräfte erleben, die bei den Feen stets viel Trubel verursachen. Alle jungen Teilnehmer bereiten sich tagelang auf das große Ereignis vor, das dann als riesiges Fest organisiert wird. Überhaupt scheint mehr das Fest und der Spaß im Vordergrund zu stehen als das Konkurrenzdenken. Man ist sich bewußt, daß die Stärke seiner Freunde für alle ein Nutzen, denn eine Bedrohung für einen selbst ist. Nur sehr selten kann man solch neidlose Anerkennung unter Menschen finden.

Wenn ein Mensch einer Fee begegnet, dann wohl sehr viel häufiger beim Zeitvertreib der Feen, denn dann verlassen sie ihr gesichertes Gebiet um umherzustreifen und ihre Neugier zu stillen - neue Dinge zu sehen, die Natur zu erkunden oder andere Lebewesen beobachten. Häufig auch allein, um von der Gemeinschaft ein wenig Abstand zu gewinnen und ein wenig Zeit für sich selbst zu finden.

Leckermäulchen, copyright KatjaGuth


Rene Tschirley
2/13/1998


Der Lebensraum der Feen Inhalt Kultur und Handwerk