Kult-Geschichten
Reinhold und die andere Welt

Mit dabei: Sarah, Johnny, Dave, Amy, ich

Wir sind immernoch bei Nichewaugt auf unserem geerbten Grundstück. Wir beschließen, ein weiteres Mal durch den Steinkreis in die andere Welt zu reisen. Wir wissen ja jetzt, wie wir zurückkommen und daß wir durch Tauschhandel dort über die Runden kommen würden. Aber erst einmal schlafen!

Morgens sind wir dann gleich in die nächste Stadt, um alles, was man so dafür gebrauchen könnte, zu besorgen. Wir bekommen keine Weihrauchkerzen, selbst Weihrauch ist nicht aufzutreiben, nur Weihrauchräucherstäbchen. Nagut, probieren wir es mit denen. Für die Zeichungen haben wir uns eine Sprühdose besorgt.
Noch am Nachmittag des gleichen Tages halten wir das Ritual ab. Wir betreten einer nach dem anderen das Tor, das sich uns öffnet. Wir finden uns in einer nebligen Dunkelheit wieder... alle bis auf Johnny, der als letzter uns folgen wollte. Alles ist dumpf. Man erkennt Lichtpunkte in dem Dunkel und Lärm dringt aus der Ferne zu uns. Da endlich stolpert Johnny herein. Der Lärm wird lauter und der Nebel lichtet sich, doch die Dunkelheit bleibt. Auch ist hier kein Frühling wie zuvor, sondern Winter, denn wir stehen im Schneematsch. Ich frage Johnny, was los war. Da dreht er sich um und zeigt uns drei lange Striemen auf seiner Lederjacke. Irgendetwas hat von hinten nach ihm geschlagen, als er in das Tor stieg. Er konnte es aber nicht sehen.

Als ich mich umsehe, kommt mir die Gegend ziemlich bekannt vor - der Campus meiner Uni. Wir sind also nicht in einer anderen Welt, sondern in New York. Es ist Nacht. Im Gegensatz zu sonst scheint es eine Zeitverschiebung gegeben zu haben. Wir übernachten bis auf Calvin bei Dave, denn das sind die einzigen, die ihre Wohnungsschlüssel bei haben.

Am Morgen geh ich bei Reinhold vorbei und lasse mir von ihm die Tür aufschließen. Mir fällt eine leichte bräunlich-schwarze Kruste an seinem Ärmel auf. So als ob versucht wurde, etwas zu entfernen, aber ein wenig übersehen wurde. Ist das Blut? Ich frage Reinhold, ob irgendetwas bei ihm vorgefallen sei. Aber er meint, daß alles normal war. Ich frage direkt nach dem Fleck. Er antwortet, daß es bestimmt Rost sei. Ich erwidere nichts, denn vielleicht steckte ja wirklich nichts besonderes dahinter. Werde ich jetzt schon paranoid? Wie dem auch sei. Ich schau in meiner Wohnung nach, ob alles in Ordung ist und räum noch ein paar Sachen aus dem Kühlschrank. Als ich diese unten in den Müllcontainer werfen will, schlägt mir ein süßlicher Verwesungsgeruch entgegen. Erst bei genauerem hineinschauen und herumstochern finde ich einen toten Hund. Angewidert schlag ich den Containerdeckel zu. Ich schiebe noch einen Zettel bei Reinhold, der nicht mehr da zu sein scheint, unter der Tür durch, damit er sich um den Kadaver kümmern würde, dann fahr ich zu Johnny.
Johnny hat mit Dave ausgemacht, daß wir uns heute abend auf dem Campus treffen. Wir hoffen nämlich, daß obwohl dort, wo wir gestern herauskamen, kein Kreis zu sehen war, vielleicht doch ein magischer Kreis vorhanden sein könnte.
Bis auf Calvin kommen alle. Dave hat jetzt richtige Weihrauchkerzen mitgebracht. Wir halten das Ritual wie bisher ab, doch nachdem beim siebten oder achten Wiederholen immernoch nichts geschieht, höre ich auf vorzulesen. Anscheinend ist hier wirklich kein magischer Kreis. Wir müssen also zurück nach Massachusetts. Da heute kein Flug mehr geht, fährt jeder erst mal zu sich bzw. ich zu Johnny.

Ich hab etwas bei mir in der Wohnung vergessen, deswegen machen wir noch einen kleinen Umweg zu mir. Während Johnny im Auto wartet und ich hochgehe, um meine Sachen zu holen, hört er einen merkwürdigen, kurzen aber lauten Schrei von einem Tier. Er kam aus Richtung der Mülltonnen. Er steigt aus, um nachzuschauen, als Reinhold von dort um die Ecke biegt. Nach seiner Schilderung sah dieser nicht wie sonst aus, irgendwie tierisch... mit Reißzähnen. Johnny versucht sein bestes bei einem kurzen, oberflächlichen Gespräch sich nichts anmerken zu lassen. Als Reinhold weitergeht, schaut er um die Ecke und sieht dunkle Flecken im Schnee vor einer Mülltonne. Gerade als er zurück zum Auto geht, komm ich aus der Tür. Er erzählt mir, was gewesen ist, woraufhin ich in die Tonne schaue... eine tote Katze! Der Kopf baumelte unnatürlich und ansonsten sah sie aus, wie ausgefressen. Wir machen, daß wir fort kommen.


Wie verabredet, treffen wir uns am nächsten Tag am Flughafen und nehmen den ersten Flug nach Boston. Dort geht es mit einem Mietauto nach Nichewaugt und nach kurzer Rast im Haus weiter zu dem Steinkreis. Es ist bereits Abend als wir das Ritual abhalten. Wir haben uns ein Seil besorgt, an dem wir uns festhalten wollen. Denn nachdem, was letztes Mal Johnny passiert ist, wollen wir sicher gehen, daß wir zusammenbleiben. Jeder hält sich am Seil fest. Erst geht Sarah durch das Tor, dann Amy, Dave, Johnny und schließlich ich.
In dem Moment, in dem ich das Tor betrete, gibt es einen Ruck am Seil nach vorn, doch sehe ich, daß wir uns alle in der anderen Welt befinden, denn es ist frühlingshaft und am Horizont sind diese Monolithen. Dave hält sich die Schulter. Er ist während des Durchschreitens, von etwas angerempelt worden - deswegen wohl auch der Ruck im Seil - und Amy hat ein Wesen auf vier Beinen, irgendwie katzenartig, vorbeirasen sehen. Leider sind wir nicht am Steinkreis gelandet, sondern irgendwo. Vielleicht haben die Zwischenfälle mit diesen Wesen, uns die letzten beiden Male von unserem Zielort abgebracht. Vielleicht sind wir aber auch noch nicht geübt genug, uns den Zielort während des Rituals zu visualisieren.
Es ist hügelig und in der Ferne glauben wir Rauchsäulen zu sehen. Da uns hier außer den "hohen Häusern" nichts bekannt vorkommt, schlagen wir diese Richtung ein.

Nach einer Übernachtung im Wald und einem weiteren Marsch sehen wir vom Waldrand aus drei rote massive, tempelartige Bauten auf einem Hügel. Als wir näher kommen, entdecken wir tiefer unten im Tal weitere, aber gewöhnlich Gebäude. Außerdem erkenne ich, daß sie aus Jaspis sind.
Wir betreten den größten der drei Tempel. Innen an den Wänden sind Reliefs. Sie zeigen verschiedene Opferungsszenen, darunter auch Menschenopfer, vorgenommen von katzenartigen Wesen. Die Opfer sind angekettet. Irgendetwas kommt aus dem Boden, um zu verschlingen oder nur zu töten. Die Reliefs wirken verdammt realistisch. Mir ist das unheimlich. Ich renne raus. Johnny auch. Nach ein paar Minuten stürmt auch Dave raus. Er meint, ein Knurren ähnlich einem Magenknurren, das aus dem Steinboden kam, vernommen zu haben. Wir rennen alle zurück in den Wald und vergewissern uns, daß uns niemand gefolgt ist. Wir warten die Dämmerung ab, bis wir uns mit einem großen Bogen um die Tempel zu den anderen Gebäuden ins Tal wagen. Wir vermuten, daß hier die Rauchsäule herkam, die wir gestern gesehen haben, doch heute ist keine da. An den Tempeln haben wir vorhin ein paar Fußspuren entdeckt, die einmal zwischen Tempel und Ansiedlung hin- und zurückliefen.
Die Gebäude sind verlassen, eines noch nicht lange, wahrscheinlich von dem benutzt, von dem wir die Rauchsäule und Spuren sahen. Die Hütten ähneln sich sowohl außen als auch innen und bieten eine einfache Unterkunft. In manchen finden wir graue Kapuzenkutten, von denen sich Dave eine mitnimmt. Diese Nacht vebringen wir einigermaßn komfortabel in diesen Häusern.

Am nächsten Morgen folgen wir einem Fluß, der in einiger Entfernung an einem Berg vorbeifließt. Als wir näher kommen, sehen wir mehrere Rauchsäulen am Berghang und weiter unten, aber auch weiter entfernt eine noch größere Anzahl. Wir entscheiden uns für den Berghang. Erst zwei Tage später kommen wir dort an. Die Hütten sind ähnlich denen der Siedlung an den Tempeln. Von hier schauen wir in die Richtung, in der wir die anderen Rauchsäulen entdeckt haben. Dort sehen wir eine größere Stadt mit einem Turm und glauben es sei Ultha.
Wir tauschen Feuerzeuge gegen eine warme Mahlzeit und eine Schlafstelle. Früh geht es weiter zur Stadt. Kurz vor der Stadt, als wir gerade eine alte Steinbrücke überqueren, bleibt Johnny plötzlich stehen und fordert uns auf still zu sein. Daraufhin nehme ich ein Stöhnen wahr. Aus der Brücke? Ich renn runter in Richtung Stadt. Johnny und Dave versuchen eine Ursache zu finden - ohne Erfolg.
Wir befinden uns tatsächlich in Ultha und finden Unterkunft, bei dem Ehepaar, daß uns hier auch das letzte mal aufgenommen hatte - gegen ein Feuerzeug, einer Uhr und leider auch meinem Rucksack - ich hab als Ersatz zwei Ledertaschen von ihnen bekommen.

Morgens besuchen wir Atthal, das war der Priester, im Turm. Er erzählt uns, daß die Ansiedlung bei den Tempeln Kiran heiße. Die Tatsache, daß dort auch Menschen geopfert werden, scheint ihn nicht weiter zu rühren. Wir erfarhen, daß in einer Entfernung von vier bis fünf Tagesmärschen eine noch größere Stadt namens Dyladhen direkt am Meer läge. Nun ja, schließlich sind wir ja hierher gekommen, um diese Welt zu erkunden, also entschließen wir uns, am nächsten Tag dorthin aufzubrechen.

Nach fünf Tagen sehen wir die Stadt - eine Ansammlung von schwarzen Häusern. Eine breite Straße führt hinein. Die Einheimischen hier haben zu unserem Erstaunen anscheinend spitze Ohren. In der Stadt gibt es Geschäfte und Herbergen. Wir besorgen uns ein Zimmer gegen Taschenrechner. Zum ersten Mal bekommen wir Wechselgeld: zehn Hemathiten, hier auch als Silberstücke bezeichnet.
Wir suchen ein Bad auf. Wir wollen bezahlen, doch es kostet nichts. Die Moral scheint hier ziehmlich niedrig zu sein. Öffentlich laufen hier Frauen und Männer nackt herum. Einige bieten sogar ihre "Dienste" an und aus einigen etwas abgelegeneren Ecken hört man eindeutige Geräusche.
Frisch gebadet suchen wir einen Händler auf, bei dem wir versuchen einiges gegen Währung zu tauschen. Schreibwaren und Uhren bekomme ich hier nicht los. Als er auf meine Uhren schaut meint er sogar, daß sie nicht richtig gehen können, da sie nur zwölf statt sechzehn Zeiteinheiten haben.
Abends in einer Spelunke bestellen wir uns irgendetwas, wir wissen nicht, was hinter den Bezeichungen steckt, zu essen. Bis auf ein Essen, das noch krabbelnde Würmer enthält, ist alles genießbar. Sarah, Amy und ich gehen müde zurück Herberge, während Johnny und Dave noch länger bleiben wollten. Als die beiden sich dann auch auf dem Rückweg machen werden sie überfallen. Dank ihrer besseren Waffen kommen sie aber heil an.


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